Bis auf Weiteres: Ende der Rottweiler Montagsdemos

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2022 die Hochzeit: Damals schon haben "Spaziergänger" in Rottweil gegen die Coronamaßnahmen und eine Impfpflicht demonstriert. Foto: gg

Pause auf unbestimmte Zeit: Mit den Montagsdemos, die als Corona-Proteste ihren Anfang genommen haben, soll offenbar bis auf Weiteres Schluss sein. Das verkündet ein leitendes Mitglied online. Zwei Jahre lang liefen die Proteste montagabends in Rottweil, wurden allenfalls für Weihnachten und die Fasnet unterbrochen – und auch das nicht immer.

(Rottweil). „Liebe Freunde und Unterstützer, die Pestvögel haben gestern nach der 101. Rottweiler Demo eine Pause auf unbestimmte Zeit verkündet.“ So erklärt es ein leitendes Mitglied einer Gruppe „Rottweil steht auf“ auf Telegram. In dem Chat des Messengers haben sich die Demonstranten ausgetauscht, nach einem starken Rückgang zählt die Gruppe wieder rund 560 Mitglieder. Dort geht es aktuell um Regierungskritik und den immer wieder aufkommenden Aufruf zu mehr Protest.

Dieser soll in Rottweil nun anscheinend beendet werden. Dort, wo er im Vergleich zu anderen Städten und Gemeinden immer noch groß war. Nicht mehr so groß wie zu früheren Zeiten, als weit mehr als 1000 Menschen durch die Stadt zogen. Während anderswo aber drei, vier, fünf Spaziergänger unterwegs waren – beispielsweise in Titisee-Neustadt, Stuttgart-Hedelfingen und Tettnang, die Zahlen stammen aus den Reihen der Spaziergänger und vom 19. Februar 2024 -, sammelten sich in Rottweil immer noch mehr als 100. Dafür gab’s zuletzt ein Glücksklee-Emoticon, weil der Protest in Rottweil doch unkaputtbar schien. Erst am Samstag brachten sie rund 100 Fahrzeuge auf die Straße, um gegen die Demo gegen die AfD zu protestieren. Oft aber saßen einzelne Personen in den Wagen.

Nun – jedenfalls anscheinend – das Ende: „Nach über zwei intensiven Jahren, in denen wir und auch unsere Familienangehörigen durch ‚Andersdenkende‘ Beleidigungen, Diffamierungen und Bedrohungen (sogar bis zum Tode) aushalten mussten und auch ausgehalten haben, überlassen wir nun das Feld den Kritikern der von uns gewählten Form der Demo“, heißt es auf Telegram bislang unwidersprochen. Eine Nachfrage bei der Stadtverwaltung hat ergeben, dass tatsächlich keine Demo für den kommenden Montag mehr angemeldet wurde. Wobei das nicht unbedingt klarstellt, dass auch keine Demo sein wird – sie seien mitunter auch mit nur wenigen Tagen Vorlauf angemeldet worden. Außerdem könnte nun eine andere Person oder Gruppe die entstehende Lücke füllen.

Das Ziel der Demonstranten sei es von „Anbeginn“ an gewesen, „zwar lautstark, aber friedlich zu demonstrieren“, heißt es weiter. „Beides ist uns gelungen, worauf wir trotz aller Kritik besonders stolz sind.“ Sie ließen sich weder von aufgestellten Kerzen von ihrem montäglichen Tun abbringen, noch von geschwungenen Peitschen zur Fasnetszeit. Die Polizei, die zwischenzeitlich ihre liebe Not hatte mit drohenden Ausschreitungen in der Stadt, erhält ebenfalls „ein Dankeschön … für das (fast) ausschließlich vertrauensvolle Zusammenwirken“.

Nicht nur die Polizei war gefordert, hauptsächlich Anwohnerinnen und Anwohner äußerten immer wieder Kritik an den oft lautstarken Demonstrationszügen montags zwischen 18 und 19 Uhr. Auch ihr Protest brachte kein Umdenken bei den sogenannten Spaziergängern.

Wogegen sie demonstrierten, das änderte sich offenbar im Laufe der Zeit. Auslöser waren die Corona-Maßnahmen. Nach deren Rücknahme kam zunehmend Kritik an anderen Politikfeldern auf – Ukrainekrieg, Energiekrise, Lebenshaltungskosten und Ähnliches. Zentrales Ziel: „Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung.“ Und den Sturz der „Ampelregierung“, versteht sich. An die jüngsten Bauernproteste versuchten sich die Montagsdemonstranten dranzuhängen, versuchten, aufgebrachte Landwirte zu einem gemeinsamen Auftritt zu gewinnen. Das gelang nicht in überzeugender Weise.

Nun bedanken sie sich bei ihren Mitstreitern im Telegram-Chat „für die Unterstützung und eure Solidarität, bitten aber gleichzeitig um Verständnis“. So könne sich wohl „kaum einer vorstellen, welchen zeitlichen und finanziellen Aufwand wir für die Sache in den letzten beiden Jahren betrieben haben“.

Ein Hintertürchen ist derweil offen: „Sollte sich an unserem Entschluss etwas ändern, wird es hier zeitnah veröffentlicht“, heißt es nach der Verkündung der Pause auf unbestimmte Zeit. Und abschließend: „Euch allen alles erdenklich Gute und bleibt wachsam!“

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https://test.nrwz.de/rottweil/montags-spaziergang-in-rottweil-polizei-trennt-die-gegnerischen-gruppen-strikt/333727
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Autor/Quelle:Peter Arnegger (gg)
… ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung. 2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ. Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.